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Prozesskostenhilfe für die Scheidung von Scheinehen


von Rechtsanwältin Almuth Zempel

1. Der Begriff der Mutwilligkeit


Eine Partei, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Kosten für einen Rechtsstreit aufzubringen, kann Prozesskostenhilfe beantragen.
Das Saarländische Oberlandesgericht hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem PKH für die Scheidung einer Scheinehe beantragt wurde. Gemäß § 114 ZPO ist Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erscheint.
Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfebedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Das gilt sowohl für das Ob der Rechtsverfolgung, als auch für ihr Wie. Es darf dem Hilfebedürftigen aber nicht verwehrt werden, den sichersten Weg oder weitestgehenden Rechtsschutz zu wählen. Nach anderer Definition handelt nicht mutwillig, wer eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme beabsichtigt.

2. Mutwilligkeit bei Scheinehen


In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob für die Aufhebung oder Scheidung einer Scheinehe PKH bewilligt werden kann. In der Literatur wird zum Teil vertreten, die Mutwilligkeit sei immer gegeben, wobei im allgemeinen davon ausgegangen wird, dass die Eingehung einer Ehe gegen Zahlung eines Entgelts vorgenommen wurde, um dem anderen Partner eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Die Versagung der PKH erfolgt dann aus grundsätzlichen Erwägungen, nämlich dass die Rechtsordnung die Eingehung einer solchen Ehe missbillige und deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen sei. Andere Entscheidungen versagen die PKH, wenn die Parteien bereits bei der Eingehung der Ehe beabsichtigt haben, keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen und sich alsbald wieder scheiden zu lassen, in Kenntnis der Tatsache, dass sie dafür PKH benötigen. Andererseits wird aber darauf abgestellt ob eine Partei Geld für die Eheschließung erhalten hat oder nicht.
Der Streit spiegelt sich auch in der Rechtsprechung wieder. Teilweise wird PKH in jedem Fall mit der der Begründung der Missbilligung durch die Rechtsordnung verneint, so bei den Oberlandesgerichten Rostock, Koblenz, Naumburg. Teilweise wird zwar die Missbilligung deutlich ausgesprochen, aber PKH bewilligt, wenn die arme Partei ansonsten die Aufhebung nicht erreichen kann, dann aber bei bereits gestelltem Scheidungsantrag der Gegenseite ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts. Teilweise wird aber PKH nur dann versagt, wenn die Partei für die Eheschließung ein Entgelt erhalten hat und dieses dann für die Ehescheidung zurücklegen muss.

3. Die Meinung des BGH


Diese Meinung ist auch in einer Entscheidung des BGH vertreten worden (BGH FamRZ 2005, 1477). Der BGH hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Rechtsordnung auch die zu ehewidrigen Zwecken geschlossene Ehe als wirksam betrachtet. Dementsprechend muss sich ein Ehepartner auch aus der Ehe wieder lösen können und muss sich dabei der Mittel der Rechtsordnung bedienen.
In dem der Entscheidung des BGH zu Grunde liegenden Fall bedurfte es aber nicht der Entscheidung, ob mutwilliges Verhalten anzunehmen sei. Dem BGH hat weitergehend entschieden, dass eine Partei, die rechtsmissbräuchlich eine Ehe eingegangen ist und hierfür ein Entgelt erhalten hat, verpflichtet ist, mit diesem Entgelt die Prozesskosten bezahlen und außerdem verpflichtet ist, aus diesem Entgelt Rücklagen für die Scheidungskosten zu bilden. Hat sie das Entgelt ausgegeben, so wird sie so behandelt, als sei noch genügend Geld zur Begleichung der Scheidungskosten vorhanden. Die Partei muss also insoweit vortragen, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, aus dem erhaltenen Entgelt Rücklagen für die Scheidung zu bilden.

4. Die Entscheidung des OLG Saarbrücken


Dieser Meinung ist das saarländische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung gefolgt. Im konkreten Fall ging es nicht um eine Ehe, die zum Zweck der Beschaffung eines ausländerrechtlichen Status für einen Ehepartner geschlossen wurde. Vielmehr hatten die Parteien vorgetragen, sie hätten zu einem besonderen Datum, nämlich zum 7.7.2007 geheiratet, allein um des Spaßes wegen. Keiner von beiden hätte zu diesem Zeitpunkt die Absicht gehabt, eine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen. Ein Entgelt wurde dementsprechend für die die Eheschließung auch nicht entrichtet. Darauf hat das saarländische Oberlandesgericht aber auch nicht abgestellt, sondern hat seine Entscheidung mit der Erwägung des BGH begründet, dass die Rechtsordnung auch bei einer Eheschließung, die zu ehewidrigen Zwecken erfolgt ist, eine wirksame Eheschließung annimmt und dementsprechend den Parteien auch die Möglichkeit geben muss, sich aus der Ehe wieder zu lösen, wozu nur die Eheaufhebung oder die Scheidung gegeben sind.

Das saarländische Oberlandesgericht hat sich in seiner Entscheidung gründlich mit der Rechtsprechung und Literatur auseinandergesetzt und kommt zu einem zutreffenden Ergebnis. Unabhängig davon, dass der BGH seine Meinung dazu, in welchen Fällen Prozesskostenhilfe für die Aufhebung oder Scheidung einer Scheinehe zu gewähren, in seiner Entscheidung bereits kundgetan hat, ist dieser Auffassung auch zu folgen. Die Entscheidungen der Oberlandesgerichte, die Prozesskostenhilfe bei der Aufhebung oder Scheidung einer Scheinehe aus grundsätzlichen Erwägungen, nämlich der Missbilligung der Rechtsordnung, versagen, sind nicht zutreffend. Insoweit ist nämlich die Aufführung des BGH zutreffend, dass auch bei Eingehung einer Ehe aus von der Rechtsordnung nicht gebilligten Gründen, sei es zur Verschaffung eines Aufenthaltstitels für den Ehepartner, sei es aus Spaß, zu einer wirksamen Ehe führt. Aus dieser können sich die Ehepartner nur durch Aufhebung oder Scheidung lösen, dementsprechend ist ein gerichtliches Verfahren erforderlich. Damit ist bereits der Inhalt des Begriffs der Mutwilligkeit nicht erfüllt, mutwillig ist nicht die Scheidung, sondern mutwillig war die Eingehung der Ehe. Damit liegt aber bereits begrifflich ein Grund für die Versagung von PKH nicht vor. Denn bei der Prüfung der Mutwilligkeit wird nicht geprüft, ob die Partei ein objektiv erforderlich gewordenes Verfahren selbst verschuldet hat. Ebenso folgerichtig ist dabei die Auffassung des BGH, dass eine Partei, die für die Eingehung der Ehe ein Entgelt erhalten hat, das Entgelt für die Scheidungskosten einzusetzen hat, unabhängig davon, ob sie es noch hat oder nicht.



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Almuth Zempel


Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Dipl.-Rechtspflegerin (FH)

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